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Nur spül’n?

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TRACKLISTING

  1. Wasti
  2. Mord im Puppenhaus
  3. Dämlich aber geil
  4. Ich bin
  5. Grüß Sie Gott Herr Oberförster
  6. Borderline
  7. Lackroter Stöckelschuh
  8. Puppenspieler
  9. Hippie Dad

Nach ihrer Debut-EP haben sich PompaDur nunmehr auf ihrem neuen Album „Nur spül´n?“ dem Zeitvertreib des Spiel(en)s hingegeben und auf die Frage „Nur spül´n?“ ein ganzes Album voller Antworten produziert:

„Geh, der wü doch nur spül´n!“

Am Boden liegend, den heißen Atem des Untiers an der Gurgel spürend, vernimmt man reglos und der Furcht gehorchend die Beschwichtigung. Leise und dennoch drängend dringt die Stimme durch den Schleier der Angst… „Der tuat nix, der wü doch nur spül´n!“… Na dann – wenn das so ist! Wer will schon als Memme sterben? Und so raffen wir uns auf, sehen dem Untier lachenden Auges ins zähnefletschende Gesicht und stellen uns vor, es wäre unser bester Freund, unser Beschützer, der Minotaurus, der uns nicht ins Labyrinth lockt, um uns zu fressen, sondern um uns die Unbillen einer aus den Fugen geratenen Welt zu ersparen. Und plötzlich wird die Chimäre zur Wirklichkeit und wir lassen uns treiben von dem Spiel, das Wirklichkeit heißt.

„Nur spül´n?“ scheint derzeit die Zustandsbeschreibung unserer Welt zu sein. Es scheint als ob der Genuss an der Ungewissheit des Spiels sich epidemisch ausbreitet: Staatsmänner spielen wieder einmal und immer wieder „Krieg und Frieden“, befeuert vom Monopoly der Globalisierung und dessen Treibstoffs, des Geldes. Die Bürger lassen ihnen unterdessen ihr abscheuliches Tun durchgehen, gefangen im Labyrinth des Untiers, eingelullt in die Vorstellung, die Bestie wäre ja eigentlich nur ein wolliges, weißes, harmloses Kaninchen, hervorgezaubert aus dem Zylinder der Macht. Ein Blick in das Innenfutteral dieses Zylinders offenbart den Zaubertrick: Unter dem Kaninchen, da lauert die Schlange.

Die Welt will betrogen werden und betrügen und zieht ihr schönstes Kleid in Form eines potemkinschen Dorfes an. „Geh, der wü doch nur spül´n!“ ist man im Angesicht der Schönheit dann verleitet, zu beschwichtigen. Überhaupt scheint die Beschwichtigung eine neue Kulturtechnik geworden zu sein – sie züngelt daher hinter der Bestie und relativiert, fordert die Ratio heraus, lässt uns vor Scham versinken ob unserer Panik, die doch so albern erscheint, wenn wir erst das Kaninchen sehen und nicht mehr die Bestie.

Doch das Spiel ist alles andere als ein spaßiger Zeitvertreib. Die Schachfiguren am Brett, das sind nicht die anderen, das sind wir selbst. Und im Zweifel reihen wir uns ein in die Schar der Bauern, wir sind es nicht, die beschützt werden vom Untier, nein, wir sind es, die das Untier beschützen. Doch halt – so pessimistisch darf man sich dem Leben nicht entgegenstellen. Wo doch das ganze Leben eigentlich nur ein Spiel ist! „Geh, der wü doch nur spül´n!“ schreit der Bauer dem Leben entgegen, bevor er sein eigenes Leben gibt für den König.

Musikalisch spannt sich der Bogen im Album „Nur spül´n?“ von der poetischen Ballade, die den Spirit der 68er mit Hippie Dad besingt bis zu Rhythmen, bei denen jazziger 20iger Jahre Style mit modernen Dance Beats verschmelzen (Dämlich aber geil). Und natürlich darf auch der musikalische „atomare Angriff“ in Form von rockigen Gitarrenriffs nicht fehlen und es donnern gleichermaßen elegante wie knochentrockene Gitarrensoli durch dunkles Dickicht. Wer glaubt, dies verscheuche das scheueste Reh, den belehrt die Geschichte vom Oberförster eines Besseren.

Da der Zeitgeist ein Hund ist, entkommen auch PompaDur nicht dem derzeit angesagten 80iger Jahre-Revival: “AbraFUNK” Andy hat auf Bitten von Tina die WahWah-Gitarre entmottet und spielt dadaistischen zurückgenommenen Funk zum „Lackroten Stöckelschuh“.

Und weil PompaDur aus der Welthauptstadt der Hinterfotzigkeit, Wien, kommen, wo die Fusion von Gut und Böse zu einer allseits geliebten Kulturtechnik erblüht, dürfen die Lieder über diesen spezifischen Kontrast nicht fehlen. Denn erst wer sich an der Wiener Seele so richtig den Magen verdorben hat, ist an der Donau angekommen. Das Lied zum Thema liefern PompaDur mit „Ich bin“ (… so böse, aber nenn mich süß!).

Aber in Wien ist ja alles immer schon ewig und auf alle Zeit ein bisserl anders. Die Uhren laufen verkehrt herum, die Politik auch, die Gehirne sind verpickt vom Walzerschleim und eh man sich´s versieht, ist man mittendrin in der Melange aus Hinterfotzigkeit, Nonchalance und Verdrängungsbeseelung. PompaDur können aus ihrer Wiener Seele auch nicht raus und bevor sie sich auf die Couch legen, singen sie lieber über das „Borderline“, das ihre liebste Provinzweltstadt fest im Griff hat.

Mord im Puppenhaus“ und „Puppenspieler“ bringen dem Hörer Gesellschaftskritik mit starker Bass- und Drumline und eindeutigen Textzeilen unverblümt näher, während die Geschichte vom „Wasti“ und dem Einzelfall ihre bittere Ironie und Bissigkeit in sanftes Rubato und lyrische Erzählkunst verpackt.